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Tough Mudder NRW 2019

Tough Mudder NRW 2019

Eigentlich wollte ich ja keinen Tough Mudder mehr machen.

2018 stand ich zum ersten Mal an der Startlinie in Arnsberg, voller Erwartung und ja, vielleicht auch mit falschen Vorstellungen. Bis dato hatte ich Tough Mudder immer links liegen gelassen. Zu teuer und hey, ist das euer Ernst, im Ziel bekomme ich ein Frotteestirnband in grellen Neonfarben statt einer Medaille aus Hartmetall? Never.

Und doch, an besagtem Wochenende Anfang Juni 2018 hatte ich nichts Anderes vor und außerdem konnte ich durch einen Tag Volunteering einen Freistart abgreifen. Also doch das Auto vollgepackt, den Campingplatz gebucht und einen Tag bei glühender Hitze Rucksäcke und Taschen herumgestapelt, während deren Besitzer sich im Schlamm vergnügten.

Sonntagmorgen war dann endlich ich an der Reihe. Rein in die Welle, kurzes WarmUp und ab auf die Strecke. Die wurde als die härteste Strecke Deutschlands, oder war es gar Europas, angepriesen.
Joah. Höhenmeter hatte sie ein paar, aber wer einmal einen Spartan Race Beast gelaufen ist, der kratzt sich hier schon nachdenklich am Hinterkopf. Die Hindernisse, in meiner Erwartung schwer zu überwinden (ich sprach eingangs von falschen Vorstellungen), waren eigentlich sehr angenehm, bis auf meine typischen „Freunde“, den Hangelhindernissen. Und last but not least war die gesamte Sache als „Rundending“ ausgelegt. Ok. Auch nicht mein Favorit. Insgesamt zwei Runden, zwischendurch leitete sich beim zweiten Durchgang die Strecke zwar von der ersten Runde ab, aber irgendwie blieb der fade Beigeschmack. Und so war mein Zieleinlauf eigentlich eher von einem „Gott sei Dank, es ist vorbei“ geprägt, statt dem üblichen Freudentaumel.

Ich nahm mein Frotteeband und das Bier, holte meine Sachen und fuhr heim. Tough Mudder? Ach nö, den brauche ich nicht.

Im Nachhinein kann ich gar nicht mehr so genau beschreiben, warum ich so enttäuscht war. Vielleicht hatte ich auch einfach nur einen schlechten Tag. Umso verwunderlicher, dass ich dieses Jahr schon wieder auf den Volunteerbutton klickte. Was soll ich sagen? Ich hatte an diesem Wochenende im Juni 2019 einfach noch nichts vor.

Dieses Jahr stand ich einen halben Tag bei der Wasserausgabe im Ziel und hatte Riesenspaß. Nette Leute, geiles Wetter, mega Stimmung. Tough Mudder versprach auf der Website, sich zurück zu den Wurzeln besinnen zu wollen. Ich war gespannt, als ich meinen Freistart einlöste.

Sonntagmorgen. The same procedure as every year, James. Rein in die Welle, WarmUp, Start. Von Anfang an hatte ich mehr Bock auf die Strecke. Zwar wurde uns gesagt, dass wir es nur mit 12km zu tun hätten – was wohl jeden in meiner Startwelle überraschte – aber das war vielleicht anhand der zu erwartenden Temperaturen gar nicht weiter tragisch (die normalerweise zu erwartende Streckenlänge scheint irgendwo zwischen 16 und 19km angesiedelt).

Gleich zu Beginn kamen die Feuchtgebiete, wo man je nach Körpergröße bis zur Hüfte im Dreckwasser stand, gefolgt von einem meiner absoluten Lieblinge, egal bei welchem Format, dem Block Ness Monster. Heidis Berg ging dann schon mal ordentlich in die Beine, aber den kannte ich ja schon vom letzten Jahr. Sehr viele Hosenböden müssen bei der anschließenden Rutschpartie ihre Leben ausgehaucht haben. Ein schattiges Waldläufchen später, ein Netz, eine Wand mit Seil, dann stand ich mitten im matschigen Flussbett, Gekreische inklusive (warum gehen diese Mädels nicht zum Muddy Angel Run?).

Als nächstes zwei Krabbelhindernisse, einmal mit Strom und einmal unter Röhren hindurch (schon wieder Gekreische, aua aua, die spitzen Steinchen), eine kleine, aber feine „Downhill“ Strecke und dann stand ich vor dem ersten mir unbekannten Hindernis, das ich nur vom Zusehen sofort ins Herz schloss.

Augustus Gloop ist im Prinzip ein Gerüst, welches man wahlweise über eine Leiter oder ein Brett mit Bouldergriffen erklimmt. Das Besondere: Sowohl die Leiter als auch das Griffbrett sind mit einer schwarzen Röhre umschlossen, die bei dem ein oder anderen vielleicht zu Platzangst führen könnte. Von oben wird man fortwährend von einem Wasserstrahl beschossen. Mit Dreckwasser wohlgemerkt. Als ich meinen Weg über das Griffbrett nach oben abgeschlossen hatte, brannten die Augen, den Weg auf das Gerüst hinüber ertastete ich blind. Ein mega Spaß.
Weiter ging es zum Funky Monkey, den ich zur Hälfte bezwang – Hangelhindernisse, nä? – bevor es zu meinem echten Todfeind, Arctic Enema, hinüberging. Aufgrund der Temperaturen gar nicht so unangenehm, trotzdem wegen Schnappatmung den Tauchgang im Eis abgebrochen.

Die nächsten Hindernisse sollen nur der Vollständigkeit halber aufgezählt werden:

und dann lief man auf den Everest zu. Den überwunden galt es noch einmal ein neues Hindernis zu bewundern, genannt „The Gauntlet“, ein Kombinationshindernis mit Balanceakt, gefolgt von Ringen und einem Balken, den es entlang zu hangeln gilt.

Die vorletzte Station, das Ziel in greifbarer Nähe, war das Mudderhorn, ein Cargonetz, das erst über eine 3m hohe Rampe erreicht werden wollte, um dann in schwindelerregende Höhen von 7,5m zu führen. Über die Spitze, 7,5m wieder hinunter krabbeln und dann – weil’s so schön ist, durch die Elektroshock Therapy hinein ins Ziel laufen.
Nie habe ich glücklicher ein Frotteeband (und ein alkoholfreies Bier) in Empfang genommen.

Es war ein Riesenspaß, vielleicht, weil ich diesmal auch eben keine Erwartungen hatte. Die Strecke, die Hindernisse, die Leute – es hat alles gepasst. Um nicht zu sagen, ich war mega geflasht. Die Misere von 2018 schien in weite Ferne gerückt.

Am nächsten Tag habe ich dann in meinem Browser auch gleich auf den Volunteerbutton für das Event Norddeutschland im Juli gehämmert, während in meinem Kopf „Wer nicht hüpft, der ist kein Mudder“ noch die zwei darauffolgenden Tage in Dauerschleife dröhnte.

Eigentlich wollte ich ja keinen Tough Mudder mehr machen.

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